Die Uhr im Rittersaal von Schloss Weikersheim

EINE ERFUNDENE GESCHICHTE MIT HISTORISCHEM HINTERGRUNDDER ALTE UND DERNEUE KALENDER

Man stelle sich vor, Graf Wolfgang lädt zu einem Fest ein und ein Fürst erscheint einfach nicht. Zugegeben, das ist eine erfundene Geschichte, die jedoch aufgrund einer kuriosen historischen Situation tatsächlich stattgefunden haben könnte.

Schloss Weikersheim, Schlosshof mit Küchenflügel und Beamtenbau, ganz rechts im Bild

Weikersheim wird neue Residenz.

EINLADUNG ZUM FEST IN DER RESIDENZ

Im Jahr 1586 erbten Graf Wolfgang II. und seine Frau Magdalena die Herrschaft Hohenlohe-Weikersheim und zogen in die unbewohnte Wasserburg in Weikersheim. In den folgenden zwei Jahren richteten sie den sogenannten Beamtenbau her, ein erster Schritt beim Ausbau der Burg zum Renaissance-Schloss. Man kann sich vorstellen, dass sie anlässlich der Fertigstellung des Beamtenbaus zu einem Fest in ihre neue Residenz eingeladen haben.

Graf Wolfgang II. von Hohenlohe

Der Gastgeber wundert sich...

EIN GAST KOMMT NICHT – WARUM NUR?

Vielleicht haben auf der Gästeliste des Grafenpaares neben dem Herzog von Württemberg auch der Kurfürst von der Pfalz sowie die Markgrafen von Baden-Baden und von Baden-Durlach gestanden. In dieser erfundenen Geschichte folgen alle Fürsten mit ihrem Gefolge der Einladung nach Weikersheim, nur der Markgraf von Baden-Baden fehlt unentschuldigt. Doch auch der Markgraf von Baden-Baden ist irritiert, denn er hatte eine Einladung zu einem Fest in Weikersheim erhalten, dessen Termin schon einige Tage zurück lag.

Philipp II. von Baden-Baden, Aquarellstudie von Tobias Stimmer

Mit anderem Kalender unterwegs.

DES RÄTSELS LÖSUNG

Der Grund für das Missverständnis in dieser erfundenen Szene: In der katholischen Markgrafschaft Baden-Baden wurde 1583 der Gregorianische Kalender eingeführt. Das heißt, es wurden die Tage zwischen dem 4. Oktober und dem 15. übersprungen. In der Kurpfalz wurde diese Kalenderreform erst im Jahre 1686 vollzogen, im Herzogtum Württemberg, der Markgrafschaft Baden-Durlach und im Hohenlohischen gar noch später. Der Markgraf von Baden-Baden war den anderen Herrschaften also um ein paar Tage voraus.

Gemälde von Papst Gregor XIII

Eine päpstliche Kalenderreform gegen die Ungenauigkeit.

EIN KALENDER ALS GLAUBENSFRAGE

Im Jahre 1582 hatte sich die Ungenauigkeit im Julianischen Kalender, benannt nach Gaius Julius Caesar, auf 10 Tage aufsummiert. Papst Gregor XIII. entschied, den Kalender anzupassen und die Abweichung durch das bewußte Auslassen von 10 Tagen zu korrigieren. Doch viele protestantische Herrscher hatten mit dieser päpstlich-katholischen Korrektur ihre Probleme und führten den Kalender nicht ein. Es sollte noch Jahrhunderte dauern, bis der Gregorianische Kalender sich überall durchsetzte.

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Über Kreuz