Aus der Notsituation die Weiterentwicklung. Der Schlossgarten Weikersheim wird sich verändern
Buchspilz und Zünsler-Raupen: Die Buchsbaum-Bestände in den Schlossgärten sind in ernster Gefahr – und das schon eine ganze Weile. Der Schädlingsbefall zwingt derzeit in allen Schlossgärten dazu, über Ersatz nachzudenken. Denn das historisch korrekte Bild eines Schlossgartens gilt es zu erhalten. Auch die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg arbeiten an Lösungen für die veränderte Situation in den Gärten. Im Schlossgarten von Weikersheim stieß man dabei auf eine außergewöhnliche Entdeckung.
AUF DER SUCHE NACH ALTERNATIVEN ZUM BUCHSBAUM
Die Wissenschaftler und Gartenfachleute suchen nach Alternativen, um den auf den Buchs spezialisierten Schädlingen auszuweichen – nicht nur in Baden-Württemberg. Buchs ist die traditionelle Rabattenpflanze, die man wie selbstverständlich mit Schlossgärten verbindet. Im Schlossgarten Weikersheim musste diese Rahmenpflanzung bereits vor bald drei Jahren wegen des Schädlingsbefalls vollständig gerodet werden. Seither werden im Orangerieparterre mögliche Ersatzpflanzen in einem mehrere Jahre dauernden Freilandversuch unter Realbedingungen erprobt.
SPEKTAKULÄRE FUNDE IN DEN ARCHIVEN
Mindestens genauso wichtig für den Eindruck des barocken Gartens sind die kunstvoll in geometrische Formen gestutzten Kübelpflanzen – und auch dabei handelt es sich häufig um Buchsbaum. Für diese Formbäumchen konnten jetzt die Fachwissenschaftler der Staatlichen Schlösser und Gärten, die die historischen Gärten betreuen, eine ganz andere historische Situation ermitteln. Mittelmeer und duftende Gewächse standen hier im 18. Jahrhundert auf der Pflanzliste der Gärtner! Rosmarin und Zypressen – das fand Prof. Dr. Hartmut Troll, den Leiter der historischen Gärten bei den Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg mit seinem Team in den Inventaren.
TYPISCH BAROCK: DER GARTEN VON SCHLOSS WEIKERSHEIM
Der Weikersheimer Schlossgarten ist berühmt für seinen Reichtum auf kleinem Raum. Ganz typisch für einen barocken Garten ergänzen sich eine Vielzahl von mythologischen Figuren und Wasserspiele mit den geometrischen Formen der Rabatten und Kübelpflanzen. Graf Carl Ludwig von Hohenlohe Weikersheim und seine Frau Elisabeth Friederike Fürstin von Öttingen-Öttingen schufen in der Mitte des 18. Jahrhunderts in der ländlichen Abgeschiedenheit der Hohenlohe einen barocken Garten nach allen Regeln der Zeit – ein außergewöhnlich ambitioniertes Projekt für einen Grafen mit einer kleinen Grafschaft. Was für den Schlossgarten Weikersheim ein besonderes Glück ist: Hier liegen, erhalten im Hohenlohe-Zentralarchiv, viele Dokumente aus der Zeit vor, in der der Garten entstand.
DIE ERSTE SPUR IM FAMILIENPORTRAIT
Bei der Suche nach einer Problemlösung für die Buchspflanzungen im Schlossgarten von Weikersheim gelang eine erstaunliche Entdeckung. Prof. Dr. Hartmut Troll stieß dabei im Hintergrund eines Familienportraits der Fürsten von Hohenlohe-Neuenstein-Öhringen auf eine Darstellung des Gartens. Die Abbildung des Gartens war zwar bekannt, allerdings hatte man das Gemälde wohl noch nie unter dem aktuellen Blickwinkel betrachtet: Was für Kübelpflanzen sind es, die in den Rabatten des Schlossgartens die senkrechten Akzente setzen? Im genauen Blick des Fachmanns zeigte sich: Hier standen keine Buchsbäume, sondern schlanke, blaugrüne Säulen – eindeutig Zypressen. Den optischen Verdacht konnten die Fachleute auch anhand der Inventarlisten für die Weikersheimer Orangerie von 1757 und 1769 bestätigen: Große Mengen Zypressen gehörten zum Bestand. Etwa im Jahr 1745: „Cupressen 2 gr. sehr hohe u. schöne, 12 kl. in Scherben“; 1757: „2 Kisten von den hohen Cupresen, 17 Kisten und 40 Scherben Kleinere Cupressen a 20xr“; 1769: „2 große und 36 geringere Cupressen“. Ganz typisch für die Verwaltung von Schloss Weikersheim sind die Dokumente akribisch. Die genauen Angaben auch für die Höhe und die Größe der Pflanzen ist nun Maßstab für die Arbeit der Gartenfachleute: Nicht nur die Pflanzenart wird entsprechend den Quellen im Archiv korrigiert – sondern gleichermaßen der Maß.
MITTELMEER IN HOHENLOHE
„Der Garteneindruck wird sich verändern“, sagt Prof. Hartmut Troll: „Die vertikalen Akzente der Kübelpflanzen verdichten und ergänzen die skulpturale Ausstattung des Gartens“. Mit den Zypressen und Rosmarinbüschen werde vielleicht sogar eine leicht mediterrane Stimmung aufkommen. „Wir freuen uns, dass wir durch diese Erkenntnisse die authentische Atmosphäre des historischen Schlossgartens verstärken können und dass jetzt versuchsweise mit der Neupflanzung begonnen werden kann, “ sagte Frank Krawczyk, der Leiter des Bereichs Kommunikation der Staatlichen Schlösser und Gärten, bei der Präsentation gegenüber den Medien. Der Abschluss der Arbeiten wird im Jahr 2016 sein.
KONTAKT: Schloss und Schlossgarten Weikersheim, Marktplatz 11, 97990 Weikersheim, Telefon +49(0)79 34.9 92 95-0, Telefax +49(0)79 34.9 92 95-12
ÖFFNUNGSZEITEN SCHLOSS WEIKERSHEIM
April bis 31. Oktober Mo – So 9.00 – 18.00 Uhr, letzter Einlass 17.00 Uhr
Montag, 28. Juli 2014
Schloss und Schlossgarten Weikersheim |
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NEUKONZEPTION SCHLOSSGARTEN
Buchspilz und Zünsler-Raupen: Die Buchsbaum-Bestände in den Schlossgärten sind in ernster Gefahr – und das schon eine ganze Weile. Der Schädlingsbefall zwingt derzeit in allen Schlossgärten dazu, über Ersatz nachzudenken. Denn das historisch korrekte Bild eines Schlossgartens gilt es zu erhalten. Auch die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg arbeiten an Lösungen für die veränderte Situation in den Gärten. Im Schlossgarten von Weikersheim stieß man dabei auf eine außergewöhnliche Entdeckung.